
Lotte würde sagen: „Es hat geklappt!“ – Von Juli bis November 2016 besuchte sie die Kleinsten in acht Essener Behelfs- & Notunterkünften. Gefördert wurde das Projekt „Zirkus-Träume – Clowntheater mit Live-Musik für Flüchtlingskinder“ vom Förderfonds Interkultur Ruhr. Sie konnte bunte & heilsame Willkommenskultur in provisorische Unterkünfte bringen!
Etwa 230 Kinder und 120 Erwachsene aus Syrien, Irak, Afghanistan, Eritrea, Aserbaidschan, Balkanstaaten, Türkei und anderen Ländern wurden in ihrem Übergangs-„Zuhause“ für eine Stunde in die phantastische Welt von Bühnenzauber, Musik, Humor, Seifenblasen und gemeinschaftlichem Spiel versetzt – die Kleinsten zählten, kicherten, jubelten, empörten sich, sprachen nach, klatschten, strahlten und staunten. Die begleitenden Eltern, Ehrenamtlichen und das Personal unterstützten und machten mit, teilweise kamen auch Ehemalige dazu. „Einfach wundervoll, wie die Kinder mitgemacht haben!“, schrieb später eine Ehrenamtliche.

Die anschließend über social media verbreiteten Erlebnisse erhielten dankbare Resonanz: „Beim Lesen kullerten mir die Tränen… Danke für dein Engagement!“ hieß ein weiterer Kommentar. Wer macht sich wirklich ein Bild davon, tagtäglich mit mehreren Familien in einem Klassenzimmer zu leben, oder in Containern und Zelten mit Stoffwänden?
Angefangen hatte alles im Januar 2016 mit einer Benefit-Show im größten Zeltdorf Essens, in Karnap. Heike Giese von DESIRE Communication GmbH hatte den Auftritt ehrenamtlich organisiert, wusste von dem Fördertopf Interkultur Ruhr und wurde so zur Kooperationspartnerin im Projekt für die Auftritts-Organisation. Sie konnte European HomeCare (EHC) als Kooperationspartner gewinnen. Das Unternehmen betreibt Unterkünfte für Asylbewerber und Flüchtlinge.
Das Projekt ist nun erfolgreich beendet, sind sich die Kooperationspartnerinnen einig. Die wertschätzende Clownerie sei – wie beabsichtigt – den direkten emotionalen Weg in die Herzen gegangen. Es war jedes Mal für alle ein spürbarer Lichtblick in der langen Wartezeit nach Flucht, Krieg & Gewalt innerhalb der reizarmen Unterkünfte. Phantasie, Humor, Musik und universeller Clown-Sprache bauten heilsame Brücken zur Minimierung von Traumafolgeschäden. Spielerisch wurden frühkindliche Bildung und die emanzipierte Stellung der Frau als Gesellschaftswerte vermittelt. Das Glück der Kinder breitete sich auf die Gemeinschaft im Camp aus. Das Zusammenwirken der Künstlerin mit BewohnerInnen, Ehemaligen, Einrichtungs-Personal, Ehrenamtlichen, KooperationspartnerInnen und weiteren SponsorInnen, sowie die Berichterstattung förderte ein Klima interkultureller Offenheit in der Metropole Ruhr. Und eine ermutigende Botschaft von Frieden.

Persönliches Fazit: Ich bin überzeugt, dass die Augenblicke mit der Clownin in vielen Herzen verankert bleiben. (Auch wenn es für einige Kinder ein Abschieds- statt Willkommensfest war, weil ihre Abschiebung kurz bevorstand.) Genauso geht es mir selbst: „Ich habe mit dieser Arbeit irgendwie „die ganze Welt berührt“. Nach jedem Auftritt kamen mir die Sorgen des Alltags äußerst banal vor. Wenn jemand über die rote Ampel oder das „falsche“ Geschenk schimpfte, zum Beispiel. Dann dachte ich an Menschen in den Camps, wie die hochschwangere Mutter. Die Konfetti-Dusche auf ihren Bauch hatte uns beiden die Augen feucht werden lassen. Wer weiß, wo ihr Kind aufwachsen wird? – Ich spüre wieder, wie dankbar ich sein kann für mein Leben, und dass es eh nur aus Augenblicken besteht. Die Clownerie lehrt, diese Augenblicke wahrzunehmen und zu genießen.– Auch wenn das Provisorische die Vorbereitung vor Ort manchmal auf den Kopf stellte – wie es der normale Alltag provisorischer Unterkünfte eben ist – die Reaktionen und Begegnungen, die Anteilnahme meiner ehrenamtlichen BegleiterInnen und Blog-LeserInnen hat mich immer wieder belohnt und bestärkt. Herzlichen Dank an alle Beteiligten und Interessierten. Mit diesem Projekt habe ich den vielen negativen Nachrichten einen bunten Lichtklecks hinzufügen können! “

Die Arbeit kann in 2017 weitergehen! Weitere Unterkünfte haben angefragt. Auch wird das Stück zukünftig helfen, die Flüchtlingskinder in den Kitas zu integrieren. Spenden werden gerne angenommen!
Hier finden Sie die Projekt-Beschreibung und alle bebilderten Erlebnisberichte aus den Flüchtlingsunterkünften:
- Hamburger Str / Frohnhausen – „Simsalabim im Zeltdorf“
- Oslenderstr / Kupferdreh – „Konfettiduschen“
- Tiegelstr / E-Nord – „Gut gemacht!“
- Im Neerfeld /Frintrop – „Prinzessinnen + Piraten“
- Hatzperstr / Haarzopf – „Ukulele-Jagd“
- Kapitelwiese / Stoppenberg – „Gekicher“
- Bonifaciusdorf / Kray – „Im Weltall ist es ganz still – hört Ihr?!“
- > Heilsamer Humor – Zwischenbericht
- Klinkestraße / Bergerhausen – „Auf dem Mond“
Wer noch mehr lesen möchte, hier noch eine nähere Zusammenfassung der Auftritte:
Die MitarbeiterInnen des EHC waren sehr hilfsbereit. Zusammen mit den ehrenamtlichen HelferInnen, die Kristina Mohr mit Assistenz und Fotografie begleiteten, waren die wenigen Requisiten schnell aufgebaut – in Zelten, Kinder- oder „Frauen“-Zimmern, bei Sonnenschein auch draußen. Als Versteck vorm Auftritt dienten Kleiderkammern, TV-Zimmer und Wohn-Container. Unplanbares war an der Tagesordnung: Ein unangekündigter Besuch vom Sozialamt vereinnahmte die Einrichtungsleiterin, die Hälfte des Publikums fehlte, teils in eigene Wohnungen gezogen, teils abgeschoben. Dafür kamen Kinder aus der benachbarten Unterkunft dazu. Ehrenamtliche überaschten mit Kuchen nach der Show, oder die Sozialbetreuerinnen hatten mit den Kindern eine lange Clowns-Teller-Leine gebastelt. Ein Zeltdorf war Ende Oktober schon leergezogen. Unterdessen hatte der Runde Tisch Klinkestraße angefragt und konnte kurzerhand eine integrative Show mit Nachbarskindern in den Räumen der ev. Kirchengemeinde Bergerhausen organisieren.
Die Handlung griff das Ankommen nach beschwerlicher Reise auf: Von den Kindern lautstark gerufen, schlurfte die Clownin müde auf die Bühne, begrüßte glücklich ihr Publikum und schlief stante pede wieder ein. Dank Handpuppe Hertha und den empörten Rufen der Kinder packte sie endlich den Koffer aus und ließ einen ganzen Zirkus entstehen. Großes Gekicher, Klatschen und Empören begleiteten Jonglage, „Hoch“-Seil-Tanz, falsches Zählen und Saxophonmusik, bis schließlich alle gemeinsam zum Mond flogen – die Stille im Weltall ließ manchmal die bekannte Stecknadel hören. Die Kraft der Phantasie schuf somit einen gemeinsamen Ort der Zuflucht – ein bewährtes Instrument in der Trauma-Therapie. Die Erwachsenen ließen es sich nicht nehmen, auch zuzusehen. Eine alte Dame mit Kopftuch blieb lange nach der Show sitzen und „wachte“ erst beim Aufräumen wieder auf. Wer weiß, wo sie gelandet war?
Nach der Show blieb die Clownin mit ihren Assistentinnen noch zum Walkact und baute die Brücke zu den anderen Familienmitgliedern. Ihre universelle Clowns-Quatsch-Sprache, Konfettiduschen und das Foto-Shooting sorgten genauso für Unterhaltung, wie die Gartenschläuche der Betreuer oder die Tanzmusik der BewohnerInnen. Mütter legten mir ihre 2-monatigen Babies in den Arm, um die besondere Begegnung per Smartphones in die Heimat zu senden…
Danke für die vielen Ermutigungen!! – zum Beispiel:
„Wie gut, daß es Dich gibt!!! Du machst die Welt lebens- und liebenswerter. Wie heißt es doch,- auch als Filmtitel: *Angst essen Seele auf*. Materielle Hilfe ist ganz wichtig, aber die Seele muß als erstes gelabt werden. Genau im biblischen Sinne. Viel Kraft für Deine Aufgabe!“ – „Das ist so so so so toll…!“ – „Ich war sehr berührt und dankbar von Deiner Aufführung in der Hamburger Strasse. Einfach wundervoll, wie die Kinder mitgemacht haben… sehr schön“. – „Liebe Kristina – ich habe deinen Blog gelesen und mir liefen gerade Tränen des Berührtseins. Danke. So schön.“ – „Hallo meine Liebe, ich drücke dich ganz fest für deine Clownerie in der Flüchtlingsunterkunft! Beim Lesen kullerten mir die Tränen… Danke für dein Engagement und den Bericht.“ – „Großartig – weiter so!!“ – (April): „Liebe Kristina, solch ein Projekt ist so gut für die Seele! Lachen befreit! Gemeinsames Lachen überwindet Barrieren und führt zu zusammen! Ich weiß, wie gut Du bist, denn schließlich habe ich ein Seminar bei Dir erleben dürfen, das mir viel gebracht hat. Deshalb drücke ich Dir ganz fest die Daumen für eine Kulturförderung Deiner Sinn stiftenden Arbeit.“
kristina mohr * saxin. clownin. dipl. psychologin… für die seele. „Wir spielen das Leben.“ Louis Armstrong